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Kannenbäckerland - Kurier Nr. 30/99

Mord im Kirchspiel Aisbach - Als Hilgert erstmals aktenkundig wurde
von Uwe Ch. Finke M.A.,


Eine schreckliche Tat erschütterte die Menschen im Kirchspiel Aisbach, wo neben den Herren von Isenburg auch die Abtei Laach grundherrliche Rechte besaß. Ein im Kirchspiel beheimateter Mann war erschlagen aufgefunden worden. Der Täter wurde rasch ermittelt. Es war zum Entsetzen aller Gottesfürchtiger ein Klosterbruder aus Laach.
Was hatte Heymart von der Lynden dazu getrieben, seinen Mitmenschen zu erschlagen? Warum waren die beiden Männer aneinander geraten, hatten sie noch eine alte Rechnung zu begleichen, wie konnte sich der Gottesmann so gehen lassen? Die Bluttat war lange Zeit der Gesprächsstoff an den Herden der Hütten, wenn das schwere Tagwerk getan war und die Menschen ein wenig Muße fanden, sich über die Geschehnisse der Welt zu unterhalten. Jedoch die Hintergründe blieben für immer ungeklärt, der Missetäter verschwand wohl hinter den Klostermauern.
Doch geschah nach den Sitten der Zeit Gerechtigkeit. Der hochangesehene Luprecht von Hilgenrode, der Ermordete war sein Vetter, verhandelte mit dem Abt von Laach die Sühne aus, die der klösterliche Totschläger zu leisten hatte. In dem Sühnebrief, in dem Luprecht die Mag-Sühne (d.i. die Vetternbuße, die den Verwandten eines Erschlagenen zukam) öffentlich verkündete, heißt es: "Ich, Luprecht von Hilgenrode, gebe allen Leuten, die diesen Brief lesen, kund, daß der Totschlag des Heymart von der Lynden an meinem Vetter vor uns und allen unseren Freunden und Nachkömmlingen voll und ganz gesühnt ist. Heymart muß von nun an und ewiglich immer jedes Jahr eine halbe Mark Brabanter Pfennige stiften. Diese j Summe soll an die Kirche von Aisbach gewiesen werden, damit dort zum Andenken an den Erschlagenen ein Ewiges Licht leuchten und jedes Jahr die Glocke geläutet werden soll." (Inhalt des Briefes im heutigen Deutsch). Als Zeugen für den Sühnevertrag nennt Luprecht verschiedene Burgmänner von Isenburg.
Luprecht aus dem Dorf Hilgert muss kein unbedeutender Mann gewesen sein, denn er bat Gerlach III. von Isenburg-Arenfels, dem nach der Teilung der Herrschaft Grenzau der Südostteil mit den Kirchspielen Alsbach, Grenzhausen, Ransbach, Oberhaid, Marienrachdorf und Herschbach zugefallen war, den Sühnebrief zu beurkunden. Was dieser mit seinem Siegel auch tat.

Das Ganze geschah im Jahre des Herren Anno 1349. Mit Luprecht von Hilgenrode wird der Ort Hilgert erstmals - wenn auch indirekt - genannt.
Der Name Hilgert (Hilgenrode 1349) ist als "Rodung des Hildiger" zu deuten. Allerdings kann man davon ausgehen, dass die Gründung der Siedlung viel früher gewesen ist. Die Siedlungsforschung geht davon aus, daß Orte mit "-rod " -Endungen im 10. Jahrhundert entstanden sind.

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Anm: Im Original heißt es:

" ..,., um den doitslach - dat heynnart van der linden  - mynen vederen doit gleich - wol und gentzlich gesoynt syn .... ". Gemeint ist nicht der Vetter bzw. der Cousin im heutigen Sinn, sondern der "Vaterbruder", also der Onkel, er wird in der Regel im Mittelhochdeutschen "veter" genannt.
Mit "veder, vedere" werden i.d.R. Feder, Federkiel, Flügel oder auch Pelz bezeichnet.

Quelle:
Kleines Mittelhochdeutsches Wörterbuch, Beate Henning, Niemeyer Verlag, Tübingen 1998.

(KL Schmidt -  2013)